Getarnte Fremde
Ausländer sind in Russland schnell als Ausländer bzw Nicht-Russen erkannt. Ob der Taxifahrer annimmt, man komme des Akzentes wegen sicherlich aus Jugoslawien, oder die Kellnerin vermutet, man müsse mindestens aus Tschechien wenn nicht sogar Polen kommen, man habe so ein unverkennbar polnisches Gesicht, ist eigentlich unerheblich. Man ist Ausländer. Wenn man dann antwortet, man sei in Wahrheit in Deutschland gebürtig, wird mancher verwundert, mit dem Lächeln des Bedauerns oder fassungslos hysterisch fragen, was einen als Deutscher denn nun ausgerechnet hierher verschlagen habe. Es kann sogar vorkommen, dass man gefragt wird, ob ein Foto aufgenommen werden könne, weil man für den Fragenden die erste leibhaftige Begegnung mit einem Ausländer darstellt. So z.B. ein jugendlicher Mitarbeiter in einem kleinen Handyladen im Irkutsker Stadtzentrum. (Sein Kollege winkte jedoch ab, er sei aus Vladivostok und dort so vielen Ausländern begegnet, das würde überbewertet. So blieben wir ungeknipst.) Viele Möglichkeiten der Tarnung indes hat man nicht. Ein neues Handy mit viel bunt und Kram ist aber ein guter Anfang. Als wir aus dem Laden wieder heraustraten, sagte eine russische Freundin: Deutsche in Sibirien erkenne man stets an ihren uralten, spartanischen Mobiltelefonen, jetzt, da ich ein neues habe, sei es bedeutend schwerer, mich als Ausländer auszumachen. Dann lachten wir.