Etappen einer Erregung
Das russiche Verhältnis Dozent zu Student ist eine klare Sache, nur muss man sich deswegen nicht damit abfinden. Ich brauchte für einen Kollegen, der eine Vorliebe für veraltete Lehrtechnik hat, einen Overhead-Projektor. (In modernen repräsentativen Seminarräumen mancher Universitäten befinden sich inzwischen interaktive Leinwände, quasi iPads im dreifachen A0-Format.) Glücklicherweise fand sich ein sowjetischer Polylux noch in der Ecke eines vergessenen Raumes, auch die Lampen taten wie sie sollten, ich konnte ihn haben. Als ich ihn mitnehmen wollte, hielt mich ein Dozentenkollege zurück, das müsse ich nicht tun, er würde statt dessen einen Studenten beauftragen, ihn zu tragen. Ich protestierte etwas, der auserwählte Student aber tat sofort wie geheißen. Anderntags fragte mich eine Kollegin auf dem Weg zum Seminarraum, warum ich denn eine Tasche mit Laptop und eine Tasche mit Beamer tragen würde. Für so etwas habe sie immer ein paar hilfsbereite Studenten in der Nähe. Ich wollte etwas erwidern, aber noch immer hatte ich nicht genügend Empörung angesammelt. Dann aber die Warteschlange. Vor einem der universitätseigenen Imbissstände stehen Studenten, um sich eine Bulotschka oder eine Piroschka zu kaufen. Von irgendwoher rauscht eine Dozentin direkt auf die Pole-Position und ruft der Bedienung ihre Wünsche zu. Da habe ich Luft geschöpft und sie ein bisschen angebrüllt. Sehr wahrscheinlich, dass sie mein Gesicht auf Lebenszeit gespeichert hat, so erschrocken hat sie sich umgedreht, mit solch intensivem Zorn sah sie mich an. Meine Frage, ob es für sie ein Sonderrecht gäbe, alle anderen würden ebenfalls warten, bis sie dran wären, beantwortete sie jedoch nicht, sie zog ohne Ware ab. Die Bedienung sagte dann, sie habe angenommen, ich sei ebenfalls Student, aber sie sehe das genauso und so weiter. Die Studenten in der Schlange schwiegen verkniffen mit geröteten Wangen.