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Anti-Terror/Russland

Klare Feindbilder

Posted by Sascha Preiß on

Die Berichterstattung zu Russland und den mit Russland zusammenhängenden Ereignissen ist inzwischen eine einzige Propaganda-Schlacht geworden, so scheint es. Am ehemals kleinen, bescheidenen Online-Medium russland.ru (inzwischen russland.news), ein deutschsprachiges News-Magazin aus Russland, dessen Artikel in diesem Blog öfter verlinkt wurden, ist die Veränderung von offener, kritischer, interessierter Berichterstattung vor wenigen Jahren zu einem heute sich der politischen Agenda anpassenden Journal mit offenkundig großer finanzieller Ausstattung sehr gut abzulesen. Das Archiv der Seite von 2003 bis 2013 enthält alle Artikel im ehemaligen Design, reduziert und nicht besonders modern, dafür inhaltlich liberal wie z.B. dieser Artikel, der über das Hilfegesuch von Künstlern an den damaligen Präsidenten Medwedjew für den Prozess zur Ausstellung „Verbotene Kunst 2006“. Ganz oben auf der Seite stand damals noch „Ungebunden, unabhängig und überparteilich“.

Inzwischen hat die Seite einen Relaunch erfahren, es gibt „coole“ News für Jugendliche, Spezialseiten für Moskau und Petersburg, einen TV-Kanal mit Filmchen, die von jungen Frauen moderiert werden (was stark an den Stil von RTdeutsch erinnert) und in den sozialen Medien ist man breit aufgestellt (facebook, twitter, tumblr, youtube, google+, instagram, pinterest) – offenbar ist hier massiv Geld investiert worden. Auf der Seite ist auch gar nicht mehr von Unabhängigkeit die Rede, im Impressum sind lediglich Gründungsdatum vermerkt und dass man beim Ministerium für Presse-, Fernseh- und Radioangelegenheiten in Russland registriert ist.

Inhaltlich ist man inzwischen völlig auf die offizielle russische Linie eingebogen: Russland ist umgeben von Feinden, und insbesondere die NATO und allen voran die USA bedrohen das sonst so friedliche Land. Der jüngste Artikel auf russland.news über die Verlegung deutscher Soldaten nach Litauen, im Zuge der vergangenen Sommer beschlossenen Truppen-Verlegung nach Polen und ins Baltikum, ist auch dementsprechend reißerisch aufgemacht: betitelt mit „Vormarsch nach Osten“ und illustriert mit einem Bild marschierender Wehrmachtssoldaten, lässt der Beitrag keinen Zweifel an der ideologischen Ausrichtung. Der nicht als Kommentar gekennzeichnete Beitrag setzt die in Litauen stationierten Bundeswehrsoldaten mit dem Eroberungskrieg Hitlers gleich (oder lässt es als Drohgebärde im Reich der Möglichkeiten) und setzt damit eindeutige Paradigmen, wer Täter und wer Opfer ist bzw zukünftig sein wird, sollte es zu militärischen Auseinandersetzungen kommen. Dass die NATO sich zu diesem durchaus kritikwürdigen Schritt entschlossen hatte nach der Krim-Annexion und dem trotz Minsk-Abkommen nie ernsthaft unterbrochenen Krieg in der Ostukraine, der massiv von russischer militärischer Seite Unterstützung erfährt, wird selbstverständlich mit keiner Silbe erwähnt. Der Text ist brachiale, vor keiner Absurdität zurückschreckende Propaganda. Tiefer kann ein ursprünglich harmloses, durchaus interessantes Online-Medium nicht sinken.